X | Seth & Bo | Nachmittag | Park

Wenn man einen Hund hat, hat man auch eine gewisse Verantwortung. Schließlich kann sich ein solcher nicht selbst versorgen und man muss mit ihm mindestens 2mal täglich spazieren gehen. Und genau das tat ich jetzt. Ich hatte Monte an der Leine und wir spazierten durch den Park. Er hatte wahnsinnig Spaß, jagte Schmetterlingen hinter, beschnüffelte alles und wollte mich immer zu Wettrennen herausfordern. Aber heute ging ich nicht drauf ein, denn ich war ja nicht mit meinem süßen Hund alleine, sondern Marc leistete mir Gesellschaft. Er ging ab und an mal mit uns beiden spazieren, oft tranken wir dann auch einen Kaffee. Gerade saßen wir zusammen auf einer Parkbank und unterhielten uns. Ich hatte Monte von der Leine gelassen. Marc war gerade dabei einen Witz zu erzählen, er war zwar nicht lustig, aber seine Gestik brachte mich trotzdem zum Lachen.

Ich schulterte meine Sporttasche und verließ zufrieden und ausgepowert das Gebäude. So wie jedes Mal, wenn ich das Boxtraining hinter mich gebracht hatte. Von hier aus waren es nur wenige Straßen bis zu meiner Wohnung, die sich problemlos zu Fuß bewältigen ließen. Nach wenigen Minuten zog ich an einem von vielen Stadtparks vorüber und hätte ich nicht das Bellen einen Hundes gehört, wäre mir vermutlich gar nicht aufgefallen, dass es Bo war, die dort auf einer Bank saß und sich mit keinem geringeren als diesem Idioten Marc vergnügte. Abrupt blieb ich stehen. Noch war ich relativ weit von ihnen entfernt, aber das ließ sich ja leicht ändern. Nach kurzem Überlegen fischte ich mein Handy aus meiner Hosentasche und verfasste eine SMS an Bo. Whatcha doing here with that idiot? Kurz aber aussagekräftig, wie immer. Ich blieb an Ort und Stelle, bewegte mich nicht und sah zu, wie sie Sekunden später nach ihrem Handy kramte.

Ich war gerne im Park, hier war es immer so friedlich und man bekam nicht so viel von dem Trubel mit, der in London normalerweise herrschte. Hier war einfach alles viel entspannter und es fühlte sich an, als wäre man ganz wo anders. Also nicht in einer hektischen und überfüllten Großstadt. Monte gefiel es auch, mal nicht an der Leine sein zu müssen. Er musste zwar in meiner Sichtweite bleiben, durfte aber sonst fast alles machen, was er wollte. Natürlich gab es einige Regeln, aber das war ja nicht so wichtig. Gerade spielte er wieder mit einem Schmetterling, worüber Marc und ich uns lustig machten. Marc war echt nett und er war Stammkunde in dem Plattenladen in dem ich zurzeit arbeitete. Mit ihm konnte man sich gut unterhalten. Was ich auch tat, bis mein Handy in meiner Hosentasche vibrierte. Ich schaute auf den Display, ich hatte eine SMS von Seth, meinem Freund, was mich zum Lächeln brachte. Dann öffnete ich die Nachricht und mein Lächeln erstarb. Etwas verwirrt sah ich mich um. Seth musste ja irgendwo hier in der Nähe sein, wenn er mich und Marc sehen konnte. Da ich ihn aber nicht entdecken konnte, antwortete ich: We’re just talking. Was störte ihn denn daran jetzt wieder?

We're just talking. Auch wenn das vermutlich der Wahrheit entsprach, konnte ich mich nicht vollständig damit zufrieden geben. Ich ging auch nicht davon aus, dass Bo ernsthaft Interesse an Marc hatte (das würde mein Weltbild komplett durcheinander bringen), aber allein der Gedanke, dass er an ihr interessiert sein könnte, und davon ging ich fast aus, ließ mich innerlich kochen. Offenbar hatte ihm unsere erste Begegnung und das Resultat daraus noch nicht gereicht. Im Augenblick war er derjenige, der die Unterhaltung am Laufen hielt und Bo mit irgendwelchen Geschichten zumüllte. Ich musste beinahe schmunzeln und hatte mich bereits wieder in Bewegung gesetzt, als ich zum Glück noch sah, wie er einen Arm um ihre Schultern legte. Völlig egal, ob das zu seiner Story gehörte, die er ihr auftischte, oder nicht; es störte mich einfach. Aber wie. Ich machte auf dem Absatz kehrt und betrat den Rasen des Parks, wer braucht schon gepflasterte Wege. Die Entfernung zu Bo und Marc war schneller überbrückt als gedacht. Wenige Meter davor erhob ich bereits meine Stimme. "Back off!", knurrte ich, woraufhin er seinen Arm zurückzog und sogar aufstand, um beide Hände hochzuhalten, was mich wahrscheinlich besänftigen sollte, aber der Zug war längst abgefahren. "Calm down, we were just talking", fing er an. "Yeah, I could see that", zischte ich und schubste ihn unsanft zur Seite. "Gosh, have you ever thought of a therapy? You need to relax, man." Wut blitzte in meinen Augen auf und mein Kiefer verhärtete sich, bis die Knochen hervortraten. Ohnehin schon wütend sein und dann auch noch provoziert werden, so mag ich das, hust. "Five seconds. I give you five seconds to get away from here." Sein verwirrter Blick ging von mir zu Bo und wieder zurück. "Come on", lachte er dann, allerdings deutlich verunsichert. Ich rührte mich nicht, allerdings lockerte ich erst meine Finger, um sie dann zu einer Faust zu formen. Der Typ ging mir so dermaßen auf den Sack, ehrlich.

Auf meine SMS bekam ich keine Antwort, ich wusste nicht ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Er musste uns gesehen haben, sonst hätte er diese SMS nicht schreiben können, also war es vielleicht ein gutes Zeichen, weil keine weitere Reaktion kam. Ich wendete mich wieder ganz meinem Begleiter zu, er hatte sich nicht von mir ablenken lassen und redete unbeirrt weiter. Dann legte er mir den Arm um und irgendwie fühlte ich mich unwohl dabei. Ich war mit Seth zusammen und eigentlich hatte ich bisher nur wenigen Jungen erlaubt mich so anzufassen. Zwar war eigentlich nicht viel dabei, es war ja eine Freundschaftliche Geste, aber irgendwie brachte mich die Tatsache, dass ich vergeben war, irgendwie mich dazu unwohl zu fühlen. Ich wollte gerade etwas tun, als ich Seth Stimme hörte. Na toll, das würde ja was werden. Marc zog seinen Arm zurück und irgendwie war ich erleichtert. Ich beobachtete Marcs Reaktion und sah dann meinen Freund an. Als Seth meinen Begleiter schubste stand ich auf. Ich konnte ja nicht einfach Tatenlos zusehen. Ich konnte sehen wie sich der Kiefer von meinem Freund verhärtete und er die Hände zu Fäusten ballte. Marc war total verunsichert, was ich auch verstehen konnte. Ich ging zu meinem Boxer hin und legte ihm sanft eine Hand auf den Arm. „Seth please.“, meinte ich leise und sah ihn an. Nur das er nicht mich, sondern seinen ‚Gegner‘ ansah. Ich wollte auf keinen Fall das einer der beiden Handgreiflich wurde.

Der Kerl war hartnäckig. Wahrscheinlich dachte er, ich würde mich tagsüber in einem Bunker verkriechen und deshalb nicht mitbekommen, wenn er sich in der Zwischenzeit an Bo ranmachte, aber die Vision hatte ich ihm jetzt ein für allemal zerstört. Und ich würde es wieder tun. Wieder und wieder. Sah so aus, als wüsste er nicht, was er tun sollte. Die fünf Sekunden, die ich ihm gegeben hatte, verstrichen schließlich und das einzige was er tat, war einen Schritt zurück zu treten, den Blick dabei auf Bo geheftet. Diese stand plötzlich auf und ich spürte ihre Hand auf meinem Oberarm. „Seth, please.“ Ich war mir nicht sicher, ob ich nur sauer auf Marc war, oder auf beide. Gut, meine Wut auf Marc war definitiv größer. "Well, see you at work, Bo", meinte er schließlich, bevor er sich umwandte und ging. Endlich. Ich atmete langsam aus und lockerte meine Finger wieder, ehe ich meinen Kopf drehte, um Bo ansehen zu können. "Hi", sagte ich knapp, und zwang mich sogar zu einem kleinen Lächeln. Als Entschuldigung, oder so. Okay nein, eigentlich nicht. Kein Kerl außer mir hatte das Recht, sie anzufassen. "I'm sorry but.." Mir fiel echt keine passende Erklärung ein, also zuckte ich nur mit den Schultern. "He touched you." Na wenn das nicht Grund genug war.

Seth schien wahnsinnig wütend zu sein, aber ich hatte keine Angst vor ihm. Nicht mehr. Ich wusste ja, dass er mir nicht weh tun würde und wenn dann nicht absichtlich. Das war für mich Grund genug ihm blind zu vertrauen. Aber ich hatte ein wenig Angst um Marc, denn ihm weh zu tun, würde meinem Freund kein bisschen was aus machen. Wahrscheinlich würde es ihm sogar noch Vergnügen bereiten. Das klang jetzt ziemlich hart, aber er war halt eifersüchtig und irgendwie konnte man es so ein wenig leichter ertragen. Also legte ich ihm eine Hand auf den Oberarm um ihn ein wenig zu beruhigen, was hoffentlich klappen würde. Mein guter Kumpel, gab dann auf und verabschiedete sich. „Yes see you.“, meinte ich, obwohl ich wusste das das Seth nicht gefallen würde. Aber naja, er war zwar mein fester Freund, hatte aber deswegen noch lange nicht das Recht mir zu verbieten, mit wem ich befreundet sein durfte. Ich sah Seth an, als er sich zu mir umwandte. Ich reagierte nicht auf seine Begrüßung und sah ihn einfach nur mit großen Augen an. Ich liebte ihn und wie ich das tat, trotzdem konnte ich ihm manchmal einfach nur eine reinhauen, weil er alles so kompliziert machte. Also war ich einfach nicht in der Lage irgendwas zu sagen, sein Anblick haute mich einfach immer wieder aufs Neue um. Auf seine Entschuldigung seufzte ich und sagte dann auch endlich was: „But we are just friends and you are my boyfriend. He didn’t touch me the way you do.“

Eigentlich war ich ja schon viel ruhiger geworden, seit das mit Bo und mir Gestalt angenommen hatte. Ich war seitdem an keiner richtigen Schlägerei mehr beteiligt gewesen und mal ehrlich, dass ich Marc eben so angegangen war, hatte er sich selbst zuzuschreiben. Ich mein, er hätte seine dreckigen Hände ja auch einfach bei sich lassen können, statt Bo damit an sich zu reißen. Keine Ahnung, ob ich mich das nächste Mal auch noch so im Griff haben würde, wie jetzt. „But we are just friends and you are my boyfriend. He didn’t touch me the way you do.“ Ich begann langsam zu nicken, ehe sich ein verschmitztes Grinsen auf meine Lippen legte. "Well, you're right. He could never make you feel as good as I do." Lächelnd beugte ich mich zu ihr, drückte ihr seinen sanften Kuss auf die Stirn und nahm ihre Hüften zwischen meine großen Hände, um sie an mich zu ziehen. "How do I smell? I just tried out a new aftershave", sagte ich schmunzelnd, direkt neben ihrem Ohr.

Als ich sein mir schon bekanntes Grinsen auf seinem Gesicht sah, konnte ich nicht anders, als es zu erwidern. Und als er mich dann auch noch auf die Stirn küsste und an sich zog, war alles schon vergeben und vergessen. Er roch gut, zwar anders als sonst, aber immer noch nach Seth. Ein „Mhmm..“, war alles was ich zustande brachte und ich schmiegte mich noch enger an ihn. Ich war noch nie jemandem begegnet, der so eine Macht über mich hatte, wie Seth. Ich war einfach total in ihn verliebt und er verschlug mir immer wieder aufs Neue den Atem. Das merkte man allein schon daran, dass mein Atem schneller ging, wenn er mich berührte, das ich dann kaum noch klar denken konnte und natürlich an meinem Herzschlag, wenn ich ihn nur sah. Auch wenn nur von ihm geredet wurde.

ENDE