Emily & Luke | Lake | 2 pm

Luke schrieb:

"What the hell are we gonna do? I'm not dressed for.. climbing over fences and stuff like that." Ich lache kurz auf. „Chill“, beruhige ich sie knapp. Auch wenn sie niedlich ist, wenn sie sich aufregt, fände ich es auch mal ganz cool, würde sie sich keine Horrorszenarien ausmalen, sobald sie mit mir im Auto sitzt. „Being a little more spontaneous wouldn't hurt you anyway.“ Ich wende mich ihr kurz mit einem Lächeln zu und konzentriere mich dann wieder aufs Fahren. Wir biegen in einen Feldweg ein, der zu einem kleinen Waldparkplatz führt. Ich stelle den Motor ab und verlasse dann schweigend das Auto. Emily hat keine andere Wahl als mir zu folgen. Aber etwas Gutes hat das Ganze: Umso schrecklicher sie sich das Folgende vorstellt, umso überraschter wird sie sein, wie schön es ist. Die Sonne scheint sogar. Das kann gar nicht schief gehen. Ich kann es nur immer wiederholen.
„Come on, little Miss Grouchy“, fordere ich sie mit einem Händeklatschen auf und laufe motiviert querfeldein durch den Wald. Es gibt keinen offiziellen Weg zu dem inoffiziellen Ort, an den wir wollen. Logischerweise. Es dauert etwa 10 Minuten, bis ein grüner Zaun ins Blickfeld tritt. Dahinter scheint vorerst nichts als Gestrüpp zu sein. „That's it.“ Ich bleibe mit in die Seiten gestemmten Armen stehen und fange an zu lachen. „Wait before you start beefing“, warne ich sie vor. „It looks not as special as it is.“ Ich drehe mich zu Emily um und greife nach ihrer Hand, um sie näher an den Zaun zu ziehen. „I guess it's better if you take off your shoes“, schlage ich mit einem Blick auf ihre Schühchen vor. Sie sehen ja wirklich herzerweichend aus, aber leider sind sie für alles außer durch die Mall flanieren unpraktisch. „I'll go first, so I can catch you.“ Der Plan steht so weit.

„Chill“, sagt er nur, als ich wiedermal kurz davor bin, die Krise zu kriegen, weil ich einfach nie passend gekleidet bin, wenn wir was zusammen unternehmen. Keine Ahnung, wie ich das immer schaffe. Und dann sagt er mir, dass ich mal etwas spontaner sein soll. Wenn ihm so wenig an mir passt, warum gibt er sich dann mit mir ab? Nicht, dass ich ihm widersprechen will, ich weiß ja, dass ich nicht unbedingt die Spontanität in Person bin, aber er darf ruhig ein bisschen mehr Verständnis zeigen. „Come on, little Miss Grouchy.“ Wir sind nun beide ausgestiegen und ich weiß absolut nicht, wo wir uns befinden. "Talk to my hand", erwidere ich gespielt beleidigt und strecke ihm meine aufgestellte Handfläche hin. Sekunden später grinse ich allerdings schon wieder und bleibe neben ihm stehen, direkt vor einem grünen Zaun. „It looks not as special as it is.“ Ich lege den Kopf zur Seite. "Nope, it definitely doesn't." Vor allem, weil sich dahinter nichts als Gestrüpp und womöglich Dornen und eine Vielzahl an Insekten befindet. Er greift nach meiner Hand und zieht mich noch etwas näher an den Zaun heran. Fast ehrfürchtig sehe ich daran hinauf. Das kann ja was werden. „I guess it's better if you take off your shoes“, meint er und ich blicke instinktiv auf meine Füße. "Oh no", murmele ich jammernd und seufze wehleidig. Luke verkündet, dass er den Anfang machen wird, was ich sehr begrüße. Also nicke ich, während ich aus meinen Heels schlüpfe und sie kurze Zeit später in der rechten Hand halte. Mein Begleiter hat den halben Weg schon hinter sich gebracht. Oh mann, das wird peinlich, ich seh es schon kommen. "You know, if something's hard to do, then maybe it's not worth doing", lenke ich ein und grinse ein bisschen.

"Talk to my hand" Ich verdrehe die Augen. Sie kann echt behindert sein.
Auf die Aussage, dass sie besser die Schuhe ausziehen sollte, reagiert sie ähnlich. Nichts desto trotz entledigt sie sich wenig später derer. Ich klettere gekonnt am Zaun hoch und springe auf der anderen Seiten wieder runter. "You know, if something's hard to do, then maybe it's not worth doing" „It's worth, trust me“, sichere ich ihr zu. Komischerweise kann ich viel Zeit mit ihr verbringen, obwohl sie anstrengend ist und ganz ohne, dass ich mich permanent über sie ärgere. Vermutlich liegt das an ihrem Aussehen. Und den Brüsten. Ja, das ist ein klarer Vorteil ihrerseits.
„I'll take your bag across.“ Emily wirft mir die Tasche samt Schuhe rüber. Jetzt gibt es kein Entkommen mehr. Wieder macht sich Vorfreude in mir breit.
Die Brünette beginnt am Zaun hochzuklettern und am höchsten Punkt kann ich eigentlich unter ihr Kleid sehen, aber ich bin rücksichtsvoll und wende den Blick kurz ab. Als sie die Beine auf die andere Seite geschwungen hat, strecke ich meine Hände nach ihr aus. „Just jump, I'll catch you.“ Ich lächele ihr motivierend zu und warte, bis sie meinen Worten Folge leistet.

„It's worth, trust me.“ Schweigend sehe ich ihm dabei zu, wie er über den Zaun klettert und im Anschluss auf der anderen Seite wieder auf den Boden springt. Gut, bei seiner Größe ist das machbar, aber wenn ich das tue, schürfe ich mir wahrscheinlich beide Knie auf, falle auf den Kopf oder werde mitten im Fall ohnmächtig. Das Talent für alle drei Optionen habe ich ja. „I'll take your bag across.“ Okay, es geht los, Emily. Ich stopfe meine Schuhe in die Tasche und werfe diese über den Zaun, ohne dass sie daran hängen bleibt. Was mich für den Moment sehr stolz macht. Aber die eigentliche Blamage kommt ja erst noch. Trotzdem setze ich mich schließlich in Bewegung und zu meinem eigenen Erstaunen klappt es sogar recht gut, auch wenn ich, dank meines Kleides, auf etwas umständliche Art und Weise den höchsten Punkt des Zaunes bewältigen muss, aber ich krieg es trotzdem gebacken. „Just jump, I'll catch you.“ Ich beschließe, ihm einfach zu vertrauen. Gut, mir bleibt sowieso nichts anderes übrig. Ich nicke also und nachdem Luke meine Sachen abgestellt und seine Arme  nach mir ausgestreckt hat, lasse ich schweren Herzens vom Zaun ab und lande, Himmel sei Dank, in Lukes Armen, statt auf dem Boden oder in irgendwelchen Dornen. Um nicht runterzufallen, schlinge ich blitzschnell meine Arme um seinen Hals. "Thanks", japse ich.

Emily springt mir in die Arme, wozu ich sie ja auch aufgefordert habe, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass es so schnell geht und sie vor allem so wenig dabei meckert. Um genau zu sein, hält sie sogar die Klappe.
"Thanks", murmelt sie, die Arme um meinen Nacken geschlungen. Grinsend setze ich sie vorsichtig ab. „No problem“, erwidere ich lediglich und reiche ihr die Tasche, samt darin verstauter Schuhe. Sie zieht sie wieder an, obwohl sie barfuß wahrscheinlich genauso schlecht voran gekommen wäre. Von meinem nächsten Gehalt kaufe ich ihr neue, flache Schuhe, beschließe ich. Das ist doch mal ein aufmerksames und vor allem sinnvolles Geschenk.
Ich laufe einen schmalen Pfad durch das Gestrüpp, der vermutlich noch das Überbleibsel von unseren nächtlichen Schwimmaktionen ist. Es dauert noch einmal 5 Minuten, bis sich eine kleine Lichtung auftut. Alles ist absolut naturbelassen. Wie auch anders in einem Naturschutzgebiet. Der kleine See liegt ruhig vor uns und spiegelt die scheinende Sonne in einem Glanz wieder, der nur in einem so klaren Wasser wie hier möglich zu sein scheint.
Meine Lippen ziert ein wohlwollendes Lächeln als ich zu Emily rüber sehe. „I hope I didn't promise too much.“ Ich mustere ihre filigranen Züge und greife erneut nach ihrer Hand. Einfach weil mir danach ist. Und eventuell,um sie einen Schritt näher an mich ran zu ziehen.

Er stellt mich vor sich ab und hebt meine Tasche vom Boden auf, um sie mir zu reichen. Ich nehme sie ihm leicht lächelnd ab und hänge sie über meine Schulter. Ich bin total gut ausgerüstet. Sonnenbrille, Handtuch, mein Handy, Geld und eine ganze Menge Kleinkram hab ich dabei, whoop. Nachdem ich wieder in meine Heels geschlüpft bin, und mich dadurch schon gleich viel wohler fühle, beginnt Luke, einem schmalen, platt getretenen Pfad zu folgen, den ich vorher gar nicht bemerkt habe. Eilig laufe ich ihm hinterher, solange, bis wir an einer kleinen Lichtung angelangen. Wobei, so klein ist sie gar nicht, immerhin ist Platz genug für einen See. Der Anblick, der sich mir bietet, ist...unbeschreiblich. Ich glaube nicht, dass ich schon einmal an so einem Ort gewesen bin. Niemand außer uns ist hier, das Wasser scheint nahezu kristallklar zu sein und es ist angenehm warm - der perfekte Tag und Ort für.. ein Date. „I hope I didn't promise too much.“ Ich bin noch etwas zu geflasht, um sofort zu ihm blicken zu können. Meine Lippen sind vor Bewunderung leicht geöffnet und ich lasse meinen Blick langsam umherwandern. Erst als Luke sich meine Hand schnappt, erwache ich aus meiner Trance. Zuerst schaue ich auf unsere Hände, dann in sein Gesicht. "It's amazing", sage ich, etwas verträumt, und lasse zu, dass er mich noch ein Stückchen näher an sich zieht. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass Luke romantisch sein könnte. Echt nicht. Vielleicht merkt er es selbst auch gar nicht, aber er ist es gerade zweifellos. "How did you know about this?", frage ich, als ich langsam in Richtung Wasser laufe und ihn dabei mit mir ziehe.

Zum ersten Mal ist Emily einfach still. Nicht, weil sie beleidigt ist oder schmollt, sondern weil ihr etwas gefällt. Ich mustere ihr Gesicht. Sie für einen Moment unbeschwert und beeindruckt zu sehen, macht etwas mit mir, das ich nicht beschreiben kann.
"It's amazing", murmelt sie und für eine Sekunde habe ich Schiss, dass sie los heult. Gott sei Dank tut sie das nicht. Stattdessen zieht sie mich mit sich in Richtung Wasser. Okay, ich lasse mich freiwillig ziehen, denn sonst hätte die Brünette leider keine Chance.
"How did you know about this?" Ich überlege kurz. „So, uhm, I have a past.“ Jeder hat eine Vergangenheit, aber meine ist keine, über die man gerne spricht. Vor Jahren bin ich fast täglich hier gewesen, aber nicht um die Schönheit der Natur zu bewundern, sondern um mich mit meinen Kumpels hemmungslos zu besaufen. Hier hat uns niemand dabei gestört oder abgehalten, weil wir eigentlich noch zu jung waren, um uns ins Koma zu kippen.
Aber ein Mädchen hat sich, zumindest an unserer Seite, nie hier her verirrt. Vielleicht werde ich Emily irgendwann von der Scheiße erzählen, die wir gebaut haben, - nicht nur hier. Aber jetzt ist definitiv nicht der richtige Zeitpunkt für so ein Gespräch.
„To be honest, you're the first girl who came her“, teile ich ihr lächelnd mit. Keine Ahnung, ob es noch andere Leute gibt, die sich über den Zaun quälen, aber ich gehe nicht davon aus. Das hier findet man nur durch Zufall, wenn man wie Bescheuerte durch den Wald streunert, weil man sonst nichts zu tun hat. So wie wir früher.

„So, uhm, I have a past.“ Oh, das klingt ja nicht so berauschend, zumindest nicht so, wie er es sagt. Klingt eher so, als wäre da einiges, wovon ich nichts weiß und wovon er mir auch nicht erzählen möchte. Weil ich nicht nerven will, werfe ich ihm also nur einen kurzen Seitenblick zu und verzichte darauf, nachzuhaken. Es ist mir eh lieber, wenn er sich dann öffnet, wenn er es will und nicht, weil er sich dazu gezwungen fühlt. Mwaha ich Scherzkeks, als ob ich ihn zu irgendetwas zwingen könnte. „To be honest, you're the first girl who came here“, teilt er mir mit, nachdem ich zwei Meter vom Ufer entfernt stehen geblieben bin. Ich drehe mich um. "I feel very honoured", sage ich und unterstreiche das mit einem Nicken, bevor sich ein Lächeln auf meine Lippen schleicht. "It's so beautiful and.. silent", fahre ich begeistert fort, als ich mich wieder zum Wasser drehe. Ich entlasse Lukes Hand wieder in die Freiheit und tapse vorsichtig näher ans Ufer. "To climb over that fence was totally worth it", grinse ich und betrachte die glitzernde Wasseroberfläche.

"I feel very honoured" Das sollte sie auch. "It's so beautiful and.. silent" Ihre kleine Hand entgleitet meiner, was ich nicht unbedingt befürworte, aber auch nicht verhindere. "To climb over that fence was totally worth it" Ich nicke und sehe Emily schweigend dabei zu, wie sich näher ans Ufer läuft und schließlich stehen bleibt. Die Tasche hat sie bereits abgestellt, genau wie ich meine. Das schreit quasi nach dem, was ich gleich tun werde. Wenn ich länger als 5 Minuten die Klappe halte, kann man davon ausgehen, dass ich in meinem Kopf irgendeinen verrückten Plan aushecke. Ich Schelm.
Ich nehme drei Schritte Anlauf, umschlinge die Brünette von hinten und werfe mich mit Schwung samt ihr ins Wasser. Daran die Schuhe auszuziehen habe ich nicht gedacht und ich glaube Emily hat ihre auch noch an. So what, das ist es wert.
Wir landen mit einem lauten Platschen im Wasser, was ich mit einem noch lauteren Jubeln begrüße. Im Wasser löse ich meine Arme von Emily und drehe mich auf den Rücken. „Ohooo, boys just wanna have fuhuun“, trällere ich laut lachend und spritze Emily mit einer Beinbewegung mit Wasser voll. Hoffentlich ist sie jetzt nicht wieder pissed off, haha.

Hinter mir ist es eigenartig ruhig. Fast zu ruhig. Nein, definitiv zu ruhig. Gerade als ich mich umdrehen und der Sache auf den Grund gehen will, werde ich mal eben, ohne jegliche Vorwarnung, mitgerissen und lande Sekunden später im klaren Wasser. Für kurze Zeit verliere ich total die Orientierung und suche nach irgendwas, woran ich mich festklammern kann, da Luke bereits von mir abgelassen hat. Als ich allerdings nichts finde und zudem feststelle, dass ich keinen Boden unter den Füßen habe (wie kann dieser kleine verdammte See bitte hier schon so tief sein?), fange ich an, wild mit den Armen herumzufuchteln. Unterdessen huste ich wie blöd. Ich sehe mich um und sehe Luke laut trällernd auf dem Rücken treiben. Langsam beruhige ich mich wieder und leider kann ich über seine Hinterhältigkeit nur lachen, obwohl ich gern eine auf beleidigt gemacht hätte, aber dann hätte ich wahrscheinlich nur wieder die Stimmung ruiniert. Was auch immer hier gerade für eine Stimmung herrscht. "I'm gonna kill you!", rufe ich lauthals. Was ich lieber hätte bleiben lassen sollen, dann wäre mein Angriff bestimmt überraschender gekommen. Ich werfe mich praktisch auf ihn, um ihn runter zu drücken, was ich auch schaffe. Lachend ziehe ich mich zurück und schwimme hektisch in Richtung Ufer, solange, bis ich wieder stehen kann. Grinsend streiche ich mir die langen, nassen Haare zurück. Hoffentlich ist Luke nicht allzu rachsüchtig.

Zuerst strampelt Emily wie eine Blöde herum, aber dann kriegt sie sich wieder ein und funkelt mich grinsend an. "I'm gonna kill you!" Schafft sie bestimmt. Sie ist quasi die geborene Killerin.
Nach ihrer taktisch klugen Vorwarnung, bin ich natürlich absolut unvorbereitet auf das, was jetzt kommt. Sie hüpft wie ein kleiner Delfin aus dem Wasser, geradewegs auf mich drauf und tunkt mich unter Wasser. Was für Kräfte die Kleine plötzlich mobilisiert, nicht schlecht! Ich tauche prustend wieder auf und breche in lautes Gelächter auf. „Am I still alive?“, rufe ich verwundert aus und strecke die Arme zu Seite, während ich unter mich sehe. Kaum zu glauben, sie hat mich nicht umgebracht. Aber man könnte es schon als versuchten Todschlag bezeichnen.
„You wanted it this way“, grinsend schwimme ich auf sie zu und ehe sie übers Ufer aus dem See krabbeln kann, ziehe ich sie sanft zu mir herum. Ihre Haare sind nass, ihre Schminke verschmiert und irgendwie sieht sie echt einfach perfekt aus. Ich ziehe sie vorsichtig noch etwas näher zu mir, um ihrem Gesicht im nächsten Moment mit meinem so Nahe zu kommen, dass sich unsere Lippen für einen Augenblick berühren. Ohne Scheiß, ich bekomme eine Gänsehaut dabei. Richtig krank. Nichts desto trotz überfalle ich sie nicht einfach und entferne mich wieder ein Stück von ihr, um sie mit einem abwartenden Blick zu mustern.

Zugegeben, meine Rache war nicht mein bester Schachzug bisher. Ich hab schon schlimmeres vollbracht, zum Beispiel eine harmlose Raupe mit einer Gabel aufgespießt als ich acht war, nachdem mein Bruder mir versichert hat, dass sie Tollwut hat und mich gleich anspringen wird. Eine Raupe. Eine tollwütige Raupe. „Am I still alive?“, höre ich Luke rufen, während ich meine triefenden Haare auswinde. Ich lache kurz, was mir allerdings vergeht, als ich sehe, dass er auf mich zuschwimmt. "No no no", sage ich panisch, lache aber trotzdem und drehe mich um, um zum Ufer zu hechten. Was gar nicht so einfach ist, da mir das Wasser immernoch etwa bis zur Taille geht. Wow, ich muss echt scheiße aussehen. Ich will gar nicht wissen, wo ich jetzt überall Mascara kleben habe. „You wanted it this way“, kommt plötzlich von hinten und als sich zwei Arme um mich schließen, stoße ich ein gelachtes "Heeelp!", hervor, ehe ich herumgewirbelt werde. Nicht zu grob, eigentlich sogar ziemlich sanft, aber das muss ja nichts heißen. Deswegen kann er mich trotzdem gleich nochmal ins Wasser schmeißen, worauf ich mich mental bereits vorbereite. Entgegen aller meiner Erwartungen tut er das jedoch nicht. Mir stockt der Atem, als er mich näher zu sich heran zieht. Ich bin zu überwältigt, als dass ich auf irgendeine Weise reagieren könnte. Für einen kurzen Moment streifen sich unsere Lippen, so nah bin ich ihm. Das Gefühl lässt meine Wimpern flattern und ich komme erst dann wieder zu Atem, als er sich etwas von mir entfernt. Mit einem Mal rast mein Herz wie blöd, komischerweise noch viel mehr, als bei meinem allerersten Kuss. Dabei war das grade nicht einmal ein wirklicher Kuss. Meine kleinen Hände liegen auf Lukes Brust, weil sie dorthin geschnellt sind, nachdem er mich zu sich herumgedreht hat. Ich kann nichts sagen, absolut gar nichts. Ich komme mir vor wie ein kleines Kind, aber das, was ich dann tue, hätte ein kleines Kind sicherlich nicht getan. Schnell stelle ich mich auf die Zehenspitzen und nähere mich dem schönen Gesicht meines Gegenübers, um meine Lippen auf seine zu legen und gleich darauf meine Augen zu schließen. Nicht so zaghaft wie zuvor, sondern so, dass man es klar als Kuss bezeichnen kann. Auch wenn das jetzt vermutlich ziemlich selbstsicher wirkt: Innerlich geht bei mir grade alles drunter und drüber. Die Erwartung, er könnte mich von sich schieben, warum auch immer er das tun sollte, oder auch die Angst, er könnte - genau wie mein Exfreund - einfach nur Sex wollen. Am besten noch, weil es eine Wette ist, die er gewinnen muss. Wow, warum kommt mir der Gedanke erst jetzt?

Ihre rehbraunen Augen weiten sich. Ich bin mir fast sicher, dass sie sich umdrehen und einem weiteren Gespräch ausweichen wird, doch stattdessen nähert ihr Gesicht sich wieder meinem. Ich spüre ihr warmen, weichen und kindlich zarten Lippen auf meinen. Meine Hände wandern im Automatikmodus über ihren Rücken, aber ich kann mich gerade noch beherrschen, dass die eine nicht zu ihrem Po flitzt. Verdammte Angewohnheit.
Ich schließe die Augen und erwidere den Kuss, den ich eigentlich auch begonnen habe. Lasse die rechte Hand zu ihrem Gesicht wandern, um sie sanft an ihre Wange und Kinn zu legen. Das hier fühlt sich echt verdammt gut an. Am liebsten würde ich sie ihrer nassen Klamotten entledigen. Ich beherrsche mich, natürlich.
Vorsichtig löse ich mich wieder von ihr und sehe sie mit einem aufrichtigen Lächeln an. „We should take off the wet clothes“, schlage ich vor. „You could wear your bikini, of course.“ Ich will sie nicht überreden, sich vor mir auszuziehen. Das wird sie früh genug tun, - hoffe ich.
Ich laufe langsam los Richtung Ufer und hieve mich in der nassen Kleidung hoch, ehe ich mich zu Em umdrehe, um ihr meine Hand zu reichen. Ich hab doch gesagt, dass ich perfekt für sie bin.

Ich weiß nicht ob es gut ist, was ich da mache, aber im Moment ist mir das auch relativ egal. Ich schaffe es, meine Bedenken, die ich sonst ständig habe, zumindest für kurze Zeit auszuschalten. Was nicht heißt, dass ich mich gleich auf ihn stürze, denn ich bin nach wie vor zurückhaltend und vorsichtig. Aber ich will ihn küssen, und das darf er auch wissen. „We should take off the wet clothes. You could wear your bikini, of course.“ Ich bin froh, dass er den ersten Satz dieser Aussage nicht so stehen lässt, denn dann hätte ich mein Vorgehen bestimmt schon wieder bereut. So nicke ich nur, jetzt mit leicht geröteten Wangen, und sehe ihm dabei zu, wie er sich aus dem See hievt. Im nächsten Moment hält er mir seine Hand hin, die ich lächelnd annehme und mit seiner Hilfe aus dem Wasser klettere. Erst jetzt wird mir mein völlig durchnässtes Kleid bewusst und vor allem die nicht sehr angenehme Art und Weise, wie es an meinem Körper klebt. Zugegeben; ganz wohl fühle ich mich nicht, wenn ich mich vor ihm ausziehen muss, egal wie weit. Naja, Augen zu und durch. Ich greife nach den Enden des Kleidchens und ziehe es mir mühevoll über den Kopf. Das blöde Teil hat nämlich keinen Reißverschluss.

Ich ziehe Emily aus dem Wasser und mir selbst dann das Shirt über den Kopf. Eine Badehose habe ich bereits drunter, also nur die nasse kurze Hose aus und die triefenden Schuhe und … tadaaa. Aus dem Augenwinkel beobachte ich Emily dabei, wie sie sich das Kleid über den Kopf zieht. Sie steht etwas seitlich zu mir, wodurch sich mir die ideale Gelegenheit bietet, ihre halbnackte Silhouette ausgiebig zu mustern. „I hope I already told you that you look absolutely stunning“, sage ich mit einem Lächeln auf den Lippen und wende mich kurz ab, um ein Handtuch aus der Tasche zu holen. Da ich heute meinen netten Tag habe, es aber nicht übertreiben will, nehme ich es für mich selbst. Immerhin habe ich Emily gesagt, dass sie sich eins mit nehmen soll.

Für einen Moment trage ich lediglich Bikini und High Heels - ich muss aussehen wie ein Playmate. Schnell schlüpfe ich daher aus meinen Schuhen und streiche mir zum hundertsten Mal die nassen Haare glatt. „I hope I already told you that you look absolutely stunning.“ Warum wundert es mich nicht, dass er das erst jetzt, wo ich halbnackt bin, sagt? Nein quatsch, ich find es sehr süß von ihm. Ich entdecke grade eine ganz neue Seite an ihm, glaube ich. Also, für mich ist sie jedenfalls neu. "Well, now you did.. thank you", gebe ich lieb zurück, obwohl ich wirklich Komplexe habe was meinen Körper angeht und ein 'thank you' eigentlich nicht halbwegs ausreichend ist, aber egal. Auch Luke hat inzwischen nicht mehr als eine Badehose an und breitet bereits sein Handtuch im Gras aus. Also ziehe ich meines ebenfalls aus meiner Tasche und platziere es neben seinem. Wenn es ihm zu nah ist, soll er den Mund aufmachen. "Do you.. do a lot of sports?", frage ich, als ich mich hingesetzt habe. Man(n) ist ja nicht von Anfang an so durchtrainiert.

Ich chille mich auf mein Handtuch. Das Gras steht recht hoch, aber wenn man es einmal platt gelegen hat, wird es schon gehen. Emily breitet ihr Handtuch neben meinem aus und setzt sich darauf. Eigentlich eine Qual sie halbnackt zu sehen, ohne eine aktuelle Perspektive auf mehr zu haben.
"Do you.. do a lot of sports?" Ich zucke mit den Schultern. „Yeah, I guess it's a boy's thing. Like girls paint their faces, we do sports.“ Ist so. Ich muss mich nicht zum Sport motivieren, ich muss mich eher davon abhalten. Also passt der Vergleich mit dem Schminken eigentlich ganz gut. Ich wette Emily geht so gut wie nie ungeschminkt vor die Tür. Nicht, dass sie es zwingend nötig hätte, aber das ist wie Gruppenzwang. Jeder macht's.
Ich lasse meinen Oberkörper aufs Handtuch zurück fallen. „It's so fucking hot, I could need some refreshment again.“ Mir ist immer heiß. Vielleicht überträgt sich da das Äußere ins Innere, ahah.

„Yeah, I guess it's a boy's thing. Like girls paint their faces, we do sports.“ Ich kräusele meine Nase ein bisschen, als ich zu ihm blicke. "But not every boy does look like you." Eigentlich sogar die wenigsten, weil die meisten einfach zu faul für Sport sind. Was ich vollkommen verstehe. Das einzige, was ich für meinen Körper tue, sind morgens und abends ein paar fragwürdige Übungen. Die mache ich aber auch wirklich jeden Tag, in der Hinsicht bin ich total konsequent.
Ich lasse meinen Blick zum wiederholten Mal über die hübsche Lichtung schweifen, während Luke sich zurück aufs Handtuch fallen lässt. „It's so fucking hot, I could need some refreshment again.“ Ich höre ihm nur mit einem Ohr zu, während ich versuche, zwei Ameisen von meinem Handtuch zu schnippen. Allerdings treffe ich kein einziges Mal, die Viecher sind einfach zu klein. Umbringen will ich sie aber auch nicht unbedingt. Ich seufze und unterbreche meine Aktivität, um Luke zu antworten. "Then go and get some, I don't mind." Ich grinse und lege mich jetzt ebenfalls hin. Er hat Recht, ich fühle mich wie ein Braten im Ofen.

"But not every boy does look like you." Ich fange an breit zu grinsen. „Yeah look, not everyone could be as hot as me. It would be boring“, murmele ich und rolle mich auf die Seite, um sie anzusehen. Den Arm winkel ich an und den Kopf stütze ich auf meine Handfläche. „My genes are simply gorgoeus“, füge ich noch hinzu und piekse sie in die Seite, als sie meint, dass ich ins Wasser gehen soll und ihr das egal wäre. „So you don't mind, he?“ Als ob ihr das egal wäre, tss. „Don't ya wanna join me?“, frage ich mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen, während ich langsam zu ihr rüber robbe, um ihr schließlich noch einen Kuss aufzudrücken. „'Cause I mind if you're with me or not.“ Mit einem süßen Lächeln mustere ich ihr noch süßeres Gesicht. Okay, jetzt wirds homo.

„Yeah look, not everyone could be as hot as me. It would be boring.“ Er ist so ein Idiot. Ich grinse und schüttele ungläubig den Kopf. Unfassbar. „My genes are simply gorgoeus.“ Soll das eine Anspielung darauf sein, dass ich doch bitte ein Kind von ihm kriegen soll? Okay, absurder Gedanke, aber er hat die unbestrittene Tatsache, dass er gut aussieht, auch wirklich ein bisschen komisch verpackt. "Meeh", mache ich, als er mich in die Seite piekt, und lache auf. Als ich ihm sage, dass er ruhig baden gehen kann und es mir nichts ausmachen würde, geht er der Sache auf den Grund. Ich weiß gar nicht wieso, ich mein, es macht mir wirklich nichts aus, wenn er nochmal ins Wasser geht, warum auch? „Don't ya wanna join me?“ Ach, darum gehts ihm. Klar, es ist Luke. Mein Fehler. „'Cause I mind if you're with me or not.“ Kann er langsam auch mal wieder damit aufhören, so süß zu sein? So kenne ich ihn gar nicht, oder zumindest habe ich ihn bislang nicht so eingeschätzt. Er beugt sich zu mir und drückt mir einen kurzen Kuss auf, woraufhin meine Augen wahrscheinlich zu funkeln beginnen. Er ist so blöd, ich mag ihn. "Fine", sage ich, lächele und rappele mich blitzschnell auf, ehe ich einfach loslaufe, in Richtung Ufer. Auf halbem Weg drehe ich mich um und sehe ihn an. "Come on!", rufe ich und grinse.