X | EMILY & LUKE | CLUB | 11 PM

"Oh sweety, look, you're the only one who's not wearing a dress", meinte Hannah und sah mich kopfschüttelnd an, allerdings folgte gleich darauf ein Grinsen. Sie wusste, dass ich nicht das größte Selbstbewusstsein hatte und abgesehen davon hatte ich nicht vor, heute Abend irgendwelche Typen aufzureißen. Eigentlich war ich nur mitgekommen, weil ich mich bis jetzt immer davor gedrückt hatte und weil es vermutlich langsam Zeit wurde, dass ich mich mal unters Volk mischte. Dass die durchsichtige Flüssigkeit in meinem Glas kein Alkohol sondern einfach nur Wasser war, wusste Hannah nicht. Sie hielt bereits ihren zweiten Cocktail in der Hand und mir blieb nichts anderes übrig, ihr dabei zuzusehen, wie sie sich betrank. Okay, in letzter Sekunde würde ich wahrscheinlich eingreifen, aber zum Glück war meine Freundin relativ trinkfest. Wir standen an der Bar und ich ließ meinen Blick schweifen. Als ich mich wieder umwandte, weiteten sich meine Augen und ich drehte mich zwei mal im Kreis. Verdammt, wo war Hannah jetzt bitte hin? Ich seufzte und begann, langsam durch den Club zu laufen, wobei ich mehreren Ellbogen und Silikonbrüsten ausweichen musste, nur um mich schließlich komplett in der Menge zu verlieren. Hilflos sah ich mich um und kämpfte mich in eine x-beliebige Richtung durch.

Hello Porsche, you know I want ya ..., dröhnt aus den Boxen und regt die Mädels an ihre Hinterteile rhythmisch schwingen zu lassen. Eigentlich nicht die geilste Musik, aber wenn man die Reaktionen der weiblichen Besucher sieht, lässt es sich verkraften.
„Damn ...“, mein Kumpel zur linken saugt mit gespitzten Lippen Luft ein. „Look at that chic.“ Er macht sich nicht die Mühe zu verbergen wen er meint und zeigt mit ausgestrecktem Arm auf eine Blondine an der Bar in knappem Kleid(chen). Mein Blick folgt seiner Armbewegung, während ich einen tiefen Schluck aus der Bierflasche nehme. Die Blonde hat gigantisch heiße Brüste, aber ihre Begleitung…
Ich nicke ab. „Go and get her“, gebe ich zurück und verstelle meine Stimme dabei. Keine halbe Minute später hat mein Kumpel tatsächlich die Blonde an der Angel und separiert sie von ihrer brünetten Begleitung. Darauf hab ich gewartet. Denn geile Titten sind keine anständige Entschädigung für eine furchteinflößend große Nase. Also bei Blondi.
Ihre, nun Ex, Begleitung dagegen hat ein bildhübsches Gesicht und obwohl sie sich nicht in einen Fummel von Stoff gezwängt hat, ist ihr Körper heiß. Sie entfernt sich von der Bar, ich folge ihr. Hoffentlich ist das in ihrem Glas Wodka. Andererseits: Was solls sonst sein? Wasser!? Haha, genau.
Perfektes Timing, ein neuer Song startet und sie ist in Reichweite um ihren Arm zu greifen. Ich kann ihren Oberarm mit meinen Fingern fast ganz umschließen. Schwungvoll ziehe ich sie zu mir rüber. „Wanna dance?“ Zwar hört sich das echt an wie eine Frage, aber höchstens wie eine rhetorische. Denn ein Nein würde ich nicht akzeptieren und dafür wäre es jetzt auch zu spät. Wir stehen schon mitten auf der Tanzfläche. Ich platziere meine Hände an ihren schmalen Hüften und ziehe sie geschmeidig zu mir ran. Auf meinen Lippen wie immer dieses absolut unwiderstehliche Grinsen.

Okay, ich wusste absolut nicht, was ich tun sollte. Alleine wäre ich niemals hierher gekommen, aber ich hätte mir eigentlich denken können, dass Hannah nicht die ganze Zeit bei mir bleiben würde. Dafür waren ihr Kerle und Alkohol viel zu wichtig, und ich hatte mit beiden nicht besonders viel Erfahrung. Ich fing an, Panik zu schieben. Leider waren hier alle größer als ich, da ich heute keine hohen Schuhe trug, und es fiel mir schwer, mich zurechtzufinden. „Wanna dance?“, hörte ich eine männliche Stimme hinter mir fragen, und hätte mich nicht zusätzlich jemand am Arm gepackt, wäre ich vermutlich einfach weggerannt. Schwungvoll wurde ich herumgedreht und an den Körper eines jungen Mannes gezogen. Ich hielt den Atem an und meine Hände schnellten an seine Brust, um den Abstand zwischen uns zu vergrößern. Mein Blick wanderte nach oben und fiel auf ein zugegeben sehr hübsches Gesicht. Seine Augen waren auf mich gerichtet und als ich mich wieder etwas gefangen hatte, schluckte ich schwer. Und zu allem Übel brachte ich absolut keinen Ton heraus. Er war so viel größer als ich und das enge Shirt betonte seinen offenbar trainierten Oberkörper. Okay, das konnte nur einer von diesen Idioten sein, die jeden Abend ein anderes Mädchen abschleppten. Große Hände umfassten meine Hüften; ich wusste gar nicht, wie mir geschah.

Ein legendärer Tänzer bin ich wahrscheinlich nicht, aber ich stehe eh mehr drauf, wenn die Mädels diesen Part übernehmen. Die Besitzerin der großen Rehaugen, die mich verängstigt anstarren, wird mir höchstwahrscheinlich keinen heißen Tanz schenken. Normalerweise wäre ich jetzt enttäuscht, aber dieses Mädchen hat etwas an sich, das mich weiter auf dieser Schiene bleiben lässt.
„Don't you wanna know my name?“, frage ich sie schelmisch grinsend und sehe auf sie herab. Bei genauerem Hinsehen hätte ich erkannt, dass sie keine hohen Schuhe trägt, aber mal ehrlich: Welcher Kerl achtet bei einem solchen Mädel auf die Schuhe? Jedenfalls ist sie verdammt klein. Bestimmt ein oder zwei Köpfe kleiner.
Insofern sie hier aus der Gegend kommt, hat sie meinen Namen bestimmt schon gehört. Seit einer größeren und heftigeren Schlägerei, oder auch zwei davon, bin ich als skrupeloser Scheißkerl bekannt. Alles andere wäre beschönigend.

Tja, jetzt standen wir also inmitten der tobenden Menge, während er mich nah bei sich hielt und ich überhaupt nicht wusste, worauf das hinauslaufen würde. Seine Frage kam etwas unerwartet, da ich eigentlich davon ausgegangen war, dass er gleich versuchen würde, mich in irgendeine dunkle Ecke zu ziehen. Wogegen ich mich natürlich mit Händen und Füßen gewehrt hätte, aber unser Größenunterschied war schon ziemlich bemerkenswert. Und das machte es nicht gerade leichter für mich, ruhig zu bleiben. "No", japste ich, weil ich hoffte, ihn durch Unfreundlichkeit abwimmeln zu können. Leider war der ängstliche Unterton in meiner Stimme dabei nicht gerade eine große Hilfe. Wenn er jetzt wirklich von mir abließ, würde ich mir vermutlich selbst auf die Schulter klopfen. Trotz alledem war ich ziemlich überwältigt von seiner Erscheinung. Ich meine, hässlich war er ja nicht gerade. Aber bevor ich ins Schwärmen geriet, hielt ich lieber an dem schrecklichen Gedanken fest, dass er vorhatte, mich gegen meinen Willen zu verschleppen.

Wenn sie nicht freiwillig tanzt, bringe ich sie eben selbst dazu. Meine Hände, die ich zuvor an ihren Hüften platziert habe, schieben ihr Becken erst einen Schritt näher zu mir und dann im Takt der Musik von links nach rechts. Sie sieht absolut heiß aus, wenn sie das tut. Ob freiwillig oder nicht.
„Tell me your name“, fordere ich sie in einer Tonlage auf, die keine Widerrede zulässt.
Mein Blick fällt auf ihr Glas, das sie noch immer fest umklammert hält. Ich rümpfe die Nase. „That's no water, isn't it?“ Ich schnappe mir das Glas und halte es prüfend unter meine Nase. Wenn das nicht ein verdammt milder Wodka ist... Sicherheitshalber nippe ich daran und breche im gleichen Moment in lautes Gelächter aus. Mitleidsvolles Heulen hätte es sicher auch getan, aber ich bin nicht schwul.
"You're moving alone to this bar and order water!?“, stelle ich fassungslos fest, noch immer Tränen in den Augen vom Lachen.Wenn sie nicht freiwillig tanzt, bringe ich sie eben selbst dazu. Meine Hände, die ich zuvor an ihren Hüften platziert habe, schieben ihr Becken erst einen Schritt näher zu mir und dann im Takt der Musik von links nach rechts. Sie sieht absolut heiß aus, wenn sie das tut. Ob freiwillig oder nicht.

Jetzt zwingt er mich auch noch dazu, zu tanzen. Ich glaube ich spinne. Allerdings bewegt er meine Hüften so bestimmt, dass ich fast nichts dagegen tun kann, weil ich im Gegensatz zu ihm wahrscheinlich ein ziemlicher Schwächling bin. Gott, wie ich meine Körpergröße hasse. Er fragt mich nach meinem Namen. Gut, nach einer Frage hat sich das zwar nicht angehört, aber ich nehme es einfach mal als solche hin. "Emily", meine ich schnell und nehme meine Hand von seiner Brust, um sie stattdessen auf seine rechte zu legen, in der Hoffnung, seinen Griff um meine Hüfte etwas zu lockern. Naja, vergeblich. Völlig unerwartet nimmt er mir mein Glas weg, um zu prüfen, ob es Wasser ist, was ich da trinke. Plötzlich beginnt er zu lachen. Ich weiß absolut nicht, was genau daran komisch sein soll, aber er verrät es mir Sekunden später. Für den Moment verfliegt meine Angst und ich rolle mit den braunen Augen. "Funny", sage ich, ziemlich ausdruckslos, und da er jetzt mein Glas in der Hand hat, habe ich beide Hände zur Verfügung, um ihn von mir zu schieben. "I have to go", beschließe ich und suche mit den Augen bereits nach dem Ausgang.

Grinsend sehe ich auf sie herab, während sie sich augenrollend das Glas zurück erobert. Ich weiß, dass meine Grübchen mich unwiderstehlich machen und ihre abweisende Art lediglich vorgeschoben ist. Letzteres weiß sie vermutlich selbst noch nicht.
„That's me“, erwidere ich auf ihr „Funny“ und führe meine rechte Hand unter ihrer hinweg an ihrem Arm entlang, um sie festzuhalten, ehe sie flüchtig wird. Aus ihren Worten schließe ich, dass sie vor hat zu gehen.
„If that's what you want, Emily ...“ Ich beuge mich nach vorne, löse meinen Griff um ihren rechten Oberarm und streiche ihr eine verlorene Haarsträhne hinters Ohr. „Sleep well, something makes me think you'll wake up early this morning.“ Mit einem schelmischen Grinsen kehre ich in meine Ausgangsposition zurück. Ihr Name wird reichen, um ihren Wohnort ausfindig zu machen. Ihr teurer Kleidungsstil hat sie verraten. In Häusern unterhalb der Millionengrenze brauche ich nicht suchen.
Ich drehe mich um und lasse sie auf der Tanzfläche zurück.

Ich weiß nicht, wo ich hingucken soll, weil ihm ungern weiter in die Augen schauen möchte, aber so mies, dass ich meinen Blick ununterbrochen schweifen lasse, bin ich dann auch nicht. Ich blicke also wieder zu ihm auf, nur um festzustellen, dass er mich angrinst. Der leichte 3-Tage-Bart steht ihm erstaunlich gut, aber ich zwinge mich dazu, den Blick erneut abzuwenden. Ich halte das nicht aus, echt nicht. Gerade als ich dabei bin, mich aus seinem Griff zu schälen, umfasst er erneut meinen Arm. Ich schlucke schwer und stehe für zwei Sekunden lang ganz still. Seine Worte lassen mich die rechte Augenbraue ein wenig heben, ehe er meinen Arm loslässt und sich stattdessen in meine Richtung beugt. Ich schnappe nach Luft, als seine große Hand mir eine Haarsträhne zurück streicht. Ich bin unfähig zu sprechen, aber er ergreift erneut das Wort. Diesmal verwirrt er mich noch viel mehr. Okay, jetzt will ich doch wissen, wie er heißt, damit ich ihn im Notfall anzeigen kann. Wenn ich nicht zu feige dafür bin. "Alright, what's your na-", fange ich an, aber er hat sich bereits umgedreht und schlendert davon. Kurz darauf verschwindet er hinter all den tanzen Menschen. "Damn", murmele ich, gehe mir durchs lange, dunkle Haar und quetsche mich schließlich mühsam in Richtung Ausgang durch. Was sollte das denn?

ENDE