X | Emily & Luke | Emily's home | 5 PM

Nachdem ich Zuhause angekommen war, bin ich erstmal ne Runde pennen gegangen. Um kurz vor 4 klingelt mein Handy. Mit geschlossenen Augen taste ich danach. Für einen kurzen Moment spüre ich es an meinen Fingerkuppen und in der nächsten Sekunde segelt es vom Nachtisch runter auf den Boden.
„Fuck“, murmele ich sauer und richte mich im Bett auf. Jetzt muss ich die Augen öffnen.
Mittlerweile hat der Anrufer aufgegeben. Als ich das Handy aufgehoben habe, sehe ich, dass es mein aktueller Chef war. Ein weiterer Blick auf die angezeigte Uhrzeit verrät mir, dass ich fast verpennt habe.
Auf einen Schlag bin ich hellwach. „Shit!“, stöhne ich, während ich aus dem Bett springe, ein Shirt und eine Hose überziehe, die gerade rumliegen und aus einer Schublade eine Badehose greife. Mein Weg führt mich ins Bad, dort hole ich zwei große Handtücher, wuschel mir vorm Spiegel schnell durch die Haare und verlasse dann total verpennt das Haus.
Auf geht’s zu Emily. Ich bin gespannt auf ihr Gesicht, wenn sie sieht, was ich vorhabe.
Nach ungefähr 15 Minuten stehe ich das zweite Mal für heute vor ihrem Haus. Ich beschließe jedoch diesmal die herkömmliche Variante des Klingelns zu wählen.

Ich wollte das alles nicht. Wirklich nicht. Ich war seit sieben Uhr wach, weil ich nach Lukes überraschendem Besuch nicht mehr richtig hatte schlafen können, und so langsam kam die Müdigkeit wieder. Außerdem wusste ich nicht, was ich anziehen sollte, da ich keinen Plan hatte, was der werte Herr unter 'sportlich' verstand. Aber gut, selber schuld, wenn er sich nicht klarer ausdrückte, pf. Ja, ich gebs zu, ich war genervt. Sekunden nachdem ich in eine kurze Hose und ein Top geschlüpft war, klingelte es an der Tür. Ich beeilte mich wirklich, aber schaffte es trotzdem nicht mehr vor meinem Bruder zur Haustür. "STOOOOP!", schrie ich, als ich die Stufen nach unten stolperte und Eric die Klinke nach unten drücken sah. Er stoppte tatsächlich. "What? Somebody out there who wants to kill me?" Er sah mich belustigt an, aber ich war bereits unten angelangt und schob mich blitzschnell zwischen ihn und die Tür. "No, but.. go, please?" Ich versuchte wirklich, lieb zu klingen, aber das zweite Klingeln von Luke ließ mich schon wieder seufzen. "You're scaring me", meinte Eric und schüttelte grinsend den Kopf, ehe er zurück ins Wohnzimmer schlurfte. Erleichtert ausatmend riss ich die Haustür auf. "Luke, hii...", sagte ich, am Anfang relativ begeistert, zum Ende hin allerdings weniger. "Why.. why should we need towels?" Ich war etwas schockiert über die Tatsache, dass er Handtücher mitgebracht hatte.

Es dauerte einen Moment, bis die Tür aufging. Ich trat derweil einen Schritt zurück und musterte die Fassade des riesigen Hauses. Die Hände schob ich in die Hosentaschen. Ihre Eltern mussten echt ne Menge Kohle haben, dass sie sich so ein Teil leisten konnten.
Emily riss hektisch die Tür auf.  "Luke, hii..." Zu meinem Erstaunen schwang für den Bruchteil einer Sekunde Begeisterung in ihrer Stimme mit. „Hi Em“, erwiderte ich grinsend und folgte ihrem Blick zu den Handtüchern, die ich unter meinen Arm geklemmt hatte. "Why.. why should we need towels?"  „Didn't I tell you?“, fragte ich lachend. „You should take your bikini with you, honey“, empfahl ich ihr grinsend und musterte sie ausgiebig. „If you change dress right now, you don't have to wear something over it. I'll keep you warm.“ Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Sie hatte sicher selten jemanden kennengelernt, der so charmant war. Prince Charming, my second name.

Ich war seelisch noch nicht bereit dafür, um mit ihm wegzugehen. Ich wusste überhaupt nicht, was ich zu erwarten hatte, was einerseits natürlich ganz cool war, weil ich Überraschungen gut fand, aber in dem Fall... naja, ich wüsste schon gerne, ob ich wieder den Regenschirm meiner Mutter mitnehmen musste, damit ich Luke im Notfall damit verprügeln konnte. Nicht, dass ich ihm damit ernsthafte Schmerzen zufügen würde, dafür war ich zu mickrig, aber ich wollte es ihm halt nicht zu einfach machen. „You should take your bikini with you, honey.“ Also 1. WAS? und 2. HONEY? Ich blickte ihn etwas entsetzt an und sah an mir herab. Was, wieso, nein? Ich wollte nicht, dass er mich jetzt schon im Bikini sah, und wenn ich so darüber nachdachte, würde ich das vermutlich auch in zehn Jahren nicht wollen. Nicht, wenn er mir weiterhin das Gefühl gab, dass er nur meinen Körper wollte. Gott, wie sich das schon anhörte, bah. "Well, I'm gonna change, but.. you wait here." - "Who's that?" Plötzlich stand Eric hinter mir und ich zuckte merklich zusammen. "I told you to stay inside!" - "Yeah..", war das einzige, was ich als Antwort erhielt. "Alright, that's my brother", murmelte ich und schob mich an Eric vorbei, um in mein Zimmer zu gehen und mich umzuziehen. Naja, wenn ich Glück hatte, kriegten sich die beiden in die Haare und Luke zog wütend davon. Leider befürchtete ich aber, dass sie sich sogar ziemlich gut verstehen würden, weshalb ich die Hoffnung schon langsam wieder aufgab. Die beiden ähnelten sich in vielerlei Hinsicht - ich war also echt gearscht.

Emily war wieder mal schockiert. Hatte sie bisher nur mit Weicheiern zu tun gehabt? Wahrscheinlich war sie dazu noch Jungfrau. Der Gedanke machte mich irgendwie an. Ein Mädchen, das komplett unberührt und unerfahren war. Kann Spaß machen, das wusste ich aus eigener Erfahrung.
 "Well, I'm gonna change, but.. you wait here." „Alright“, entgegnete ich nur und sah zu wie sie sich zuerst an ihrem Bruder vorbei drängte und dann die Treppenstufen hoch sprang.
Ihr Bruder lehnte sich in den Türrahmen. „Eric“, stellte er sich vor. „Luke“, erwiderte ich gut gelaunt. „You must be a brave guy when you're dating my sister.“ Er lachte kurz auf und ich tat es ihm gleich. „Seems as if she's a kind of crazy … in a good way.“ Eric nickte mit einem Grinsen auf den Lippen. Eine Sekunde später stand Emily wieder neben ihm
und schob ihn zurück ins Haus. Sie schien nicht besonders erfreut darüber zu sein, dass ich ihren Bruder kennengelernt hatte oder besser: Dass ihr Bruder mich kennengelernt hatte.
„Ready?“, fragte ich mit einem Blick auf die kleine Brünette, ehe ich mich nochmal Eric zuwandte. „See you.“ Ich hob flüchtig die Hand und legte meinen Arm dann um Emily, um sie zum Wagen zu führen, den ich an der Straße stehen lassen hatte.

Im Endeffekt trug ich dann doch einen Bikini unter meinen normalen Klamotten, aber um ehrlich zu sein hoffte ich, dass ich irgendwie drum herum kommen würde, ihn Luke zu präsentieren. Ich war mir sicher, dass es genügend Mädchen gab, die sich freiwillig für ihn ausziehen würden und genau deshalb war es mir ein Rätsel, wieso er es sich mit mir so schwer machte. War das nicht dumm? Ich mein, war ich das wert? Als ich meinen Bruder zurückließ und mit Luke zu dessen Wagen lief (schon ziemlich cool, dass er einen besaß), musste ich fast ein kleines bisschen lächeln. Ja, offenbar war ich es ihm wert. Ich verstand es zwar nicht, aber der Gedanke gefiel mir. Hätten wir uns unter anderen Umständen kennengelernt, wäre ich bestimmt schon total in ihn verschossen. Okay, stop Emily, denk an was anderes, los!

ENDE