X | CHARLIE & LEVIN | LEVIN'S HOME | 9PM

Levin und ich sind heute verabredet zum … keine Ahnung, aber vorsichtshalber habe ich schöne Unterwäsche angezogen. Man weiß ja nie. Ich bin voller Vorfreude als ich daheim in meinem Ankleidezimmer stehe und ein Oberteil nach dem anderen vor dem Spiegel stehend vor mich halte. Es soll leger aussehen, sexy sein und trotzdem wirken als hätte ich keine halbe Stunde damit zugebracht, ein Outfit zusammen zu stellen.
Ich entscheide mich schließlich für eine cremefarbene Hotpan und das dunkelgraue Jack Daniels Shirt. Prüfend betrachte ich mich im Spiegel, während ich mich einmal um die eigene Achse drehe. Sieht nach einem lockeren Treffen aus. Nicht durchgeplant und auch keine besonderen Absichten verratend.
Bei der Handtaschenwahl greife ich aber doch zu alt bewährt. Levin kann eine originale Luis Vuitton sicher nicht von einer gefälschten unterscheiden (wenn er sie überhaupt als solche erkennt), weswegen er mich nicht für einen Snob halten wird, der sich Täschchen im Wert eines Kleinwagens um den Hals hängt. Naja, genauer gesagt trage ich sie ja über der Schulter.
Ich schnappe meinen Schlüssel, steige in meinen Cabriolet und drehe die Musik laut auf. Gut gelaunt steuere ich den Weg zu Levin an. Ich habe keine Ahnung wo er wohnt, aber er hat mir seine Adresse gegeben und ich vertraue auf das im Auto integrierte Navi.
Nach ungefähr 20 Minuten (der Stadtverkehr ist mal wieder die Hölle), stehe ich vor dem Haus, in dem Levin wohnen soll. Ich steige aus und breche mir dabei fast den Hals, weil ich auf meinen Manolos umknicke. „Fuck“, fluche ich. Als ich vor der Haustür stehe und Levin's Nachnamen auf dem Klingelschild suche, stelle ich fest, dass ich etwas nervös bin. Ich habe keine Ahnung, was mich hier erwarten wird.

Nach langem Überlegen entschließe ich mich dazu, den Fernseher auszuschalten (was ein ziemlicher Fortschritt ist). Prince hat inzwischen von mir abgelassen und schmeißt stattdessen irgendein Hundespielzeug aus Gummi durch die Gegend, während ich in die Küche laufe und gucke, was wir zu trinken da haben. Wenige Minuten später klingelt es, wird dann wohl Charlie sein. Ich gehe zur Tür, öffne sie und drücke gleichzeitig den Knopf, der die untere Eingangstür mit einem Surren öffnet. "Second floor, come up", rufe ich und grinse, als sie kurz nach oben sieht. Nach kurzer Zeit ist sie bei mir angelangt und da ich mir nicht sicher bin, wie ich sie am besten begrüßen soll, ziehe ich die Blonde einfach in eine kurze aber enge Umarmung. "Good to see you", sage ich lächelnd, ehe ich mich umdrehe und in meine Wohnung laufe. "So.. make yourself at home." Prince wird ihr sicher dabei helfen. Ich schließe hinter Charlie die Wohnungstür und noch bevor ich sie vorwarnen kann, kommt der cremefarbene Welpe auf uns zugaloppiert. Natürlich mit Gummiknochen im Maul. "Uhm yeah, the dog of my cousin", informiere ich sie und grinse etwas. Prince lässt den Knochen vor Charlies Füße fallen und beschnuppert sie aufgeregt.

Kurz nachdem ich geklingelt habe, surrt es. Ich drücke die Tür auf und höre im gleichen Moment Levins Stimme. Ich lasse meinen Blick zwischen den Treppen hindurch zu ihm nach oben schweifen und lächele ihm entgegen, ehe ich seinen Worten widerstandslos Folge leiste in den 2. Stock zu kommen. „Good to see you“, begrüßt er mich und zieht mich in eine flüchtige Umarmung. Ich drückte ihn kurz an mich und lasse ihn dann ebenfalls los. „Good to see you“, erwidere ich mit einem Lächeln und folge ihm in die Wohnung. Er teilt mir mit, ich solle mich wie Zuhause fühlen, aber offen gestanden habe ich ein komisches Gefühl in der Magengegend, weil ich Levin zuletzt gesehen habe als ich betrunken war. Jetzt bin ich nüchtern und habe keine Ahnung, ob wir uns ohne Alkohol genauso gut verstehen.
Ehe ich weiter darüber nachdenken kann, kommt ein kleiner Welpe um die Ecke geflitzt. Meine Augen weiten sich begeistert. „OH MY GOD“, winsele ich und lasse mich sofort auf die Knie fallen, um den kleinen Racker standesgemäß zu begrüßen. „Uhm yeah, the dog of my cousin“, murmelt Levin. „He's sooo cute“, quietsche ich begeistert und greife unter den Bauch des Welpen, um ihn zu mir hochzuziehen. In gleicher Postion richte ich bin dann vorsichtig auf. „What's his name?“, frage ich, obwohl ich keine Ahnung, ob das Hündchen weiblich oder männlich ist. Ich gehe aber davon aus, dass er männlich ist, weil sich zwei Jungs doch nicht freiwillig ein Mädchen anschaffen würden. Sie wollen einen starken, angsteinflößenden Rüden, in dem sie sich (gefühlt) widerspiegeln. Grinsend betrachte ich den kleinen Kerl in meinem Arm. Er sieht ja so angsteinflößend aus … wow, mir zittern die Knie.

So im nachhinein bereue ich es fast, nichts geplant zu haben. Ich mein, was können wir schon großartig machen, außer fernzusehen? Videospiele zocken, haha, aber dafür hab ich Logan. Und der Spast wird langsam besser als ich, das zieht mich echt runter. Ich schmunzele, als Prince angestürmt kommt und Charlie offenbar vom ersten Moment an in seinen Bann zieht, oder um die Pfote wickelt, wie auch immer. "Prince", antworte ich, als sie nach seinem Namen fragt, und sehe ihr dabei zu, wie sie ihn schließlich hochhebt. "Well, he loves you", grinse ich, "you two should get married." Oh ja, true love und so. Das wäre bestimmt das erste Mal, dass jemand seinen Hund heiratet. Allerdings hat mein Cousin da ja auch noch ein Wörtchen mitzureden, und so wie ich ihn einschätze, hätte der wirklich kein Problem damit, mit Prince in den Hafen der Ehe einzulaufen. Gott klingt das scheiße, hahah. "Alright, I'll get us something to drink", gebe ich den beiden kurz bescheid und laufe leise lachend in die Küche. Alter, Frauen scheinen sich von jungen Hunden echt magisch angezogen zu fühlen. "What do you want?", rufe ich, "we have.. nearly everything." Und das stimmt sogar.

Der kleine Kerl heißt also Prince. „Oh Princiiiiie“, ziehe ich seinen Namen in die Länge, woraufhin er völlig durchdreht und versucht mein Gesicht abzuschlabbern. „He's so cute.“ Okay, ich wiederhole mich.
Vorsichtig setze ich ihn wieder auf dem Boden ab, während Levin beginnt Müll zu labern, von wegen wir beide, also der Hund und ich, sollten heiraten. Ich grinse. „Is it allowed?“, will ich wissen. Prince wuselt inzwischen um uns herum. „When I was 7 my biggest dream was having a dog. So it went on birthday to birthday … now I gave up, my mom's a square with an orderliness-syndrom“, teile ich ihm trocken mit, schiebe dann aber doch ein Kichern hinterher. Daran dass meine Mutter einen Schaden hat, kann er sich vielleicht noch erinnern.
„What do you want?“, fragt Levin nachdem er verkündet hat, dass er etwas zu trinken holt. „Uhm … vodka?“, murmele ich vorsichtig mit einem Grinsen auf den Lippen. „No, just a joke“ Ja, leider. „Just water or something like this.“ Wenn ich keinen Vodka haben darf, ist es mir wirklich egal.

„Hopefully not“, antwortet er auf meine Frage, woraufhin ich andächtig nicke. Das wäre echt eine Spur zu krank. Levin erinnert sich tatsächlich noch an das, was ich an der Party über meine Mom erzählt habe oder hat zumindest schauspielerisches Talent.
Ich schlurfe langsam hinter Levin her. „You can have vodka if you want, I don't mind“, entgegnet er. Ich bin dankbar, dass er ein Lachen hinterher schiebt, weil ich nicht will, dass er mich für einen Alki hält. „You want to make me drunken“, witzele ich über sein Angebot, was ziemlich bescheuert ist, weil ich das mit dem Vodka vorgeschlagen habe.
Levin stellt eine Wasserflasche auf die Küchenzeile, an die ich mich gerade anlehne. „Do you have any plans for today?“, frage ich ihn mit einem Lächeln, während ich ihn unauffällig mustere. Er sieht echt gut aus und wenn ich ehrlich bin, ist das ein Mitgrund, weshalb ich nervös bin. Und ein weiterer ist wohl, dass ich erst ein mal nüchtern bei einem Kerl daheim war, nachdem ich zuvor betrunken mit ihm rumgeknutscht habe. Bei Phin und mir zum Beispiel. Wir sind abends mit vollem Kopf unzertrennlich, aber tagsüber haben wir uns noch nie getroffen. Und nüchtern auch nicht.

"You want to make me drunk." Ich nicke. "You're totally right." Ich grinse und stütze mich mit der Hand an der Theke ab. Klar will ich sie abfüllen. Ist auch voll meine Art, ich war schon immer so und werde mich vermutlich auch niemals ändern, sorry. Charlie fragt, ob ich für heute Abend etwas geplant habe, was ich mit einem langsamen Kopfschütteln beantworte. "Not really", gebe ich zu. "Well, we could.. watch a movie or something.." Ich hole zwei Gläser aus dem Schrank. "We should have gone out", fällt mir etwas zu spät ein und ich lache kurz. "Next time", füge ich hinzu, zwinkere der Blonden lächelnd zu und transportiere in der einen Hand die beiden Gläser und in der anderen die Wasserflasche ins Wohnzimmer. Anschließend greife ich nach der Fernbedienung und schalte den TV an. Nach dem ersten Umschalten lese ich den Untertitel des Senders. "Pretty Woman is on tv, whoooh!", rufe ich begeistert, ehe ich mich selbst auslache und weiterschalte. Klar ich kenn ich Pretty Woman, ich hab ihn nur.. noch nie ganz zuende geguckt, weil ich es einfach nicht ausgehalten habe. Ich musste mir ständig die Augen zuhalten, das ist.. einfach viel zu viel Kitsch und Romantik für mich. "Take a seat, madame", sagte ich zu Charlie, in perfektem britischen Englisch, und mache eine elegante Handbewegung in Richtung Couch, ehe ich anfange zu grinsen. "Whataya want to watch? DVD or tv?", frage ich und lasse mich, nachdem Blondie Platz genommen hat, ebenfalls auf die Couch sinken.

„You're totally right.“ Ich grinse ihn an. „I just know you too well“, gebe ich zurück. Levin und ich sind sozusagen Kindergartenfreunde … nicht. Er holt zwei Gläser aus dem Schrank und füllt sie mit Wasser. Ich schnappe mir das erste von beiden, während ich ihm aufmerksam zuhöre. Er hat für heute Abend nichts geplant, was mich nicht überrascht. Im Gegenteil: Hätte er sich für heute Abend ein Programm überlegt und sich dabei auch noch wirkliche Mühe gegeben, wäre ich jetzt auf die Idee gekommen, dass er auf mich steht. Und so tue ich das nicht und das ist gut, denn dann habe ich keinen Grund aufgeregt zu sein.
„We should have gone out.“ Gerade als ich nicken will, schiebt er ein „Next time“ hinterher und zwinkert mir zu. „Sure“, erwidere ich mit einem Lächeln. Keine Ahnung welche Richtung dieses Treffen gerade nimmt, aber ich habe beschlossen, es einfach auf mich zu kommen zu lassen. Planen ist was für Spießer.
Levin wandert Richtung Fernseher, den er schließlich anmacht und keine Sekunde später wie eine Tussi quietscht. „Pretty woman is on TV, whoooh!“ Lachend gehe ich zu ihm rüber und stütze mich mit beiden Händen an der Sofalehne ab. „You shouldn't have said that“, informiere ich ihn breit grinsend. „I love pretty woman and now it seems as if you have no other choice than to watch it with me.“ Ich hopse über die Lehne als er mir in britisch schwuler Manier den Platz neben sich anbietet. „Thank you, Charles“, bedanke ich mich. Prince Charles und Princess Charlie. Das ist doch mal was! „I'm easy-care and no men-tormentor, so just switch to a Chanel you like“, biete ich ihm lächelnd an und lege die Beine angewinkelt auf die Couch, sodass meine Füße leichten Kontakt zu Levins Beinen haben. Hoffentlich ist er kein anti-Fuß-Fetischist. Gibt es ein Wort für das Gegenteil von Fetischismus?

Levin zappt los. „Boring, boring, disgusting, boring ...“ Ich kann nicht anders als zu lachen. Er ist bescheuert. Er schaltet weiter und fordert mich schließlich dazu auf, Stopp zu sagen. Ich schüttele den Kopf und verschränke die Arme unter der Brust. „Noooo, that can't end well“, weigere ich mich. „We should watch something we both like or even something we both hate. That's much more funny“, schlage ich vor und lasse meinen Blick über den Fernsehtisch schweifen, wobei mir eine rot schwarze DVD ins Auge fällt. Ich stehe auf und schnappe sie mir. „Pro Life...“, murmele ich vor mich hin. Sieht gruselig aus. „We could watch this“ Ich drehe mich zu Levin um und halte ihm die DVD vors Gesicht. „Looks scary“, kommentiere ich und drücke ihm das Ding in die Hand. Ich will mich ungern blamieren, weil ich es nicht schaffe, den DVD Player zu öffnen oder so. Meine technische Begabung ist nämlich ganz Blondinen-Klischee gleich Null.

Levin sieht mich überrascht an als ich ihm die Dvd in die Hand drücke. „No pretty woman? I like you“, grinst er und zeigt mit ausgestrecktem Zeigefinger auf mich. Ich verziehe das Gesicht und lache kurz. „Just wanna leave a good surface impression of me“, erwidere ich ebenfalls grinsend. Er steht auf, um die Dvd einzulegen und ich ertappe mich dabei, wie ich ihn die ganze Zeit anstarre. Das sieht er aber nicht, weil er mir den Rücken zugedreht hat. Ich bin ja nicht blöd, haha!
Er lässt sich wieder aufs Sofa fallen und startet die Dvd. Wie selbstverständlich legt er seinen Arm auf meinen Beinen ab. Ich lasse ihn lächelnd gewähren und lehne mich zur Seite, mit dem Kopf an seine Schulter.
Es geht um ein junges Mädchen, das schwanger ist. Klingt soweit ganz harmlos, aber scheinbar hat sie einen durchgeknallten Vater und das Baby in ihrem Bauch ist auch nicht ganz normal. Es dauert keine 10 Minuten, da gibt es die ersten ich-muss-mich-irgendwo-festkrallen-Szenen. Genau das tue ich, nämlich an Levins Arm, nach dem meine Hand immer wieder reflexartig greift, bis ich sie schließlich einfach da liegen lasse.

Mein Gott, das Mädel ist fünfzehn und schwanger! Ich weiß, dass das heutzutage keine Seltenheit mehr ist, aber das macht es nicht weniger schockierend. Ist doch total scheiße, damit ruinierst du dir deine ganze Zukunft. Okay, nicht die ganze, und wahrscheinlich gibt es auch Glücksfälle, die total gut damit zurecht kommen, aber.. egal, das ist ein Horrorfilm, da muss so ne Scheiße passieren. Nachdem ich meinen Arm auf ihren Beinen abgelegt habe, lehnt Charlie sich im Gegenzug seitlich an mich. Wir bleiben eine ganze Weile in dieser Position, naja, bis es im Film eben zur Sache geht. Blondie zuckt immer wieder zusammen und meistens kriegt auch mein Arm etwas ab, was ich mit einem leisen Lachen hinnehme. Irgendwann lässt sie ihre Hand einfach dort liegen, was nur logisch ist, weil der Film bestimmt noch schockierender wird und dann würde sie wahrscheinlich im Sekundentakt nach meinem Arm greifen. "Relax", sage ich und tätschele schmunzelnd ihre kleine Hand. "Everything's gonna be okay", füge ich - bemüht ernst und besorgt - hinzu und blicke zu ihr rüber, wobei ich mir nur schwer das Grinsen verkneifen kann.

Hätte ich diesen Film mit Bo geguckt, wären wir beide ausgerastet und hysterisch schreiend im Zimmer auf und ab gerannt. Mit Levin sieht das Ganze anders aus. Er sitzt total gechillt neben mir und lacht mich aus, wenn ich mich erschrecke und ich wiederum bin bemüht mich nicht allzu sehr in diesen Scheiß hinein zu steigern. Das erweist sich allerdings als äußerst schwierig, obwohl die Handlung total unlogisch ist.
„Relax“ Ich sehe zu Levin rüber. „Everyhing's gonna be okay“ Er sieht mich mit ernster Miene an, woraufhin ich das Gesicht verziehe. „I can see the laugh behind your serious face“, warne ich ihn mit einem Grinsen. „And I guess you're much more frigthend than me but you're to much man to show it.“ Prüfend sehe ich ihn an und statt einen Hinweis zu entdecken, dass er Schiss hat, erinnert mich mein Unterbewusstsein an Ryans Party. Sein Gesicht sieht auch bei Helligkeit schön aus und seine Lippen finde ich nüchtern immer noch genauso anziehend.
Ich wende mich ab, ehe das hier peinliche Formen annimmt und sehe weiter dabei zu, wie Männer mit Gewehren das Gebäude umstellen. Uhm .. ja.

So schlimm ist der Film eigentlich gar nicht. Zumindest hab ich schon krassere Sachen gesehen, aber Charlie scheint's zu genügen, was wiederum ziemlich süß ist. "I can see the laugh behind your serious face." Ich grinse breit und mir entweicht ein Lachen, als sie weiter spricht. "Yes, I'm so scared, hold me!" Ich bin so behindert. Trotzdem grinse ich unentwegt weiter und selbst als Charlie wieder zum Bildschirm sieht, ruht mein Blick noch einige Sekunden auf ihrem Gesicht, aber irgendwann zwinge ich mich dazu, mich ebenfalls wieder dem Film zu widmen. Da rückt doch ernsthaft die ganze family an, um ein Krankenhaus niederzumetzeln, wie tief kann man eigentlich sinken? Viel tiefer wohl nicht mehr. Die brauchen alle eine Therapie, dringend. Sogar noch dringender als Logan und ich, und das muss man erstmal hinkriegen. "Like Pretty Woman better?", frage ich schließlich, ohne sie anzusehen, und schmunzele vor mich hin. Offenbar ist sie zu sehr damit beschäftigt, den Film zu sehen, denn ich erhalte keine Antwort. Also beuge ich mich nach vorne, um nach meinem Wasserglas zu greifen. Gerade als ich trinken will, zuckt Charlie erneut zusammen und weil ich so erschrecke, verteilt sich die Hälfte des Wassers über uns beide, was mich erst dazu bringt, "Oh, shit!", auszurufen, und dann loszulachen.

„I'm so scared, hold me!“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Oh honey, everthing's gonna be okay“, äffe ich ihn im gleichen besorgten Tonfall nach, ehe ich mich wieder dem Film zuwende. Es ist wirklich grauenvoll, was dieses Wesen von Baby anstellt. Ich kneife immer wieder die Augen zusammen, um die schlimmsten Szenen nicht verinnerlichen zu müssen.
Von links höre ich Levins Stimme, aber ich bin viel zu vertieft in den Film, um zu realisieren, dass er mit mir spricht. Vielleicht ist Prince in der Nähe und er labert ihn zu. Who knows.
Plötzlich spüre ich etwas nasses auf meiner Hotpan, meinem Shirt, meinen Beinen, … eigentlich überall. „Shit!“, ruft Levin laut aus und ich sehe ihn erschrocken an, nachdem ich einmal kräftig zusammen gezuckt bin. „I was so absorbed into the story that I first thought it would be blood!“, rief ich schockiert aus und versuche meinen Atem wieder zu kontrollieren. „You can't do that to me“, seufze ich während ich mich langsam wieder beruhige. Nur Wasser, Charlie, nur Wasser. Levin hat lediglich sein Glas über uns verschüttet und ich bin überrascht wie nass man von weniger als einem halben Liter werden kann.
„I'm sorry, I forgot to wear my white shirt. Your plan failed“ Grinsend sehe ich an mir herab und dann zu Levin rüber. Zufälligerweise habe ich keine Ersatzkleidung dabei, hm.

Wie bitte, ich soll ihn geschubst haben? Empört sehe ich ihn an. „That's not true“, verteidige ich mich schmollend. „Maybe it was … an accident.“ Ein Grinsen legt sich auf meine Lippen. Ich habe nicht fahrlässig gehandelt, das war höchstens ein Versehen.
Levin zupft an seinem nassen Shirt herum und verkündet gleichzeitig, dass der Film scheiße ist. Ich nicke. „Yeah and too scary“, füge ich hinzu. Anders als Levin finde ich ihn nämlich wirklich gruselig. Ich will gerade mein nasses Shirt lüften, da packt er mich an den Fußgelenken. „Eeeeh“, murre ich lachend. „We should dry our cloth ...“ Ich bringe den Satz nicht zu Ende, weil er meine Füße kitzelt und ich lauthals machen muss. „Ahhhhh“, kreische ich, während ich mich wild winde und mit den Füßen zappele. Da meine Verteidigung schwächelt, gehe ich zum Angriff über und piekste ihn in die Seite. „That's – not – fair“, stöhne ich zwischen einem weiteren Lachanfall.

Levin wird langsam müde, zumindest lässt er meinen Fuß los und ich schnaufe erleichtert durch. Ich lasse den Kopf zurück fallen und grinse stumm vor mich hin als er eine erneute Attacke startet. Völlig überrumpelt sinke ich nach hinten, Levin über mir. Er umfasst meine Handgelenke und drückt sie links und rechts von mir auf die Sitzfläche.
Lachend sehe ich ihn an. Seine Augen sind echt schön, viel schöner als ich sie in Erinnerung habe. Und seine Lippen, mmmh, würde er sich nicht über mich lehnen, würde ich jetzt ein schmachtendes Seufzen von mir geben. Doch stattdessen überbrückt er die zwei Zentimeter, die unsere Gesichter noch voneinander entfernen und küsst mich. Eine Gänsehaut rauscht meinen Rücken runter. Diese Richtung nimmt das Treffen also …
Levin unterbricht den Kuss und sieht mich erwartungsvoll an. Ich lege meine Hand an seine Wange und streiche mit dem Daumen sanft darüber. „Guess it's much better than this awful movie“, meine ich mit einem Lächeln und lege meine Hände in seinen Nacken, um ihn an mich heran zu ziehen und zu küssen. Behutsam krabbeln meine Hände unter sein Shirt, aber das kenne ich ja schon von der Party. Laaangweilig! Stufe 2 ist dran. Ich greife nach dem nassen Saum und ziehe es ihm langsam über den Kopf, ehe es seinen Platz auf dem Boden neben uns findet.

Ich weiß schon gar nicht mehr, was im Film gerade passiert. Gut, ich hab die letzte Viertelstunde schon nicht mehr wirklich aufgepasst, weil die Handlung einfach so strange ist, aber jetzt grade habe ich echt überhaupt keinen Plan mehr. Muss ich aber auch nicht haben, ich bin ja anderweitig beschäftigt und meine jetzige Tätigkeit  ist, verglichen mit dem kuriosen Dämonbaby und dem randalierenden Vater, schon um einiges besser. Als ich mich noch einmal kurz von Charlie löse und ihre Handgelenke wieder in die Freiheit entlasse, legt sie ihre Handfläche an meine Wange, während ich sie ruhig mustere und etwas lächele, als sie schließlich spricht und mich dann erneut an sich zieht. Da habe ich meine Bestätigung. Als ich anfange, ihren Hals zu küssen, spüre ich, wie kleine Hände unter mein Shirt wandern. Letzten Endes helfe ich ihr dabei, es mir über den Kopf zu ziehen, ehe es neben der Couch auf dem Boden landet und ich mich wieder über die Blonde beuge, um meine Lippen auf ihre zu legen. Auch meine Hände erfassen schließlich den Stoff ihres Oberteils und wenige Sekunden später habe ich sie diesem entledigt und verteile mehrere Küsse auf ihrem Schlüsselbein. Film? Welcher Film?

Bis jetzt hatte ich noch nicht wirklich darüber nachgedacht, was ich Levin sagen wollte, da ich einfach nur zu ihm wollte, aber als ich die Straße zu seiner Wohnung erreichte, wurde mir bewusst, dass ich mal darüber nachdenken sollte. Die Adresse hatte ich von Seth bekommen, da erwies es sich mal wieder als praktisch die gleichen Freunde zu haben. Vorbereitet hatte ich mich allerdings kein wenig,  deshalb blieb ich erstmal ein wenig unsicher am Straßenrand stehen. Ich hatte echt kein Plan was ich sagen sollte, ich war in einer echt beschissenen Lage. Aber mir wurde immer mehr bewusst, dass ich Levin vermisst hatte, und den größten Fehler meines Lebens begangen hatte, als ich ihn gehen ließ. Ob der Versuch, diesen Fehler rückgängig zu machen, klappen oder scheitern würde, das stand echt in den Sternen. Schon alleine die Wahrscheinlichkeit, dass Levin mich auch nur herein ließ, war wahnsinnig gering. Ich bemerkte, wie die Eingangstüre zu dem Haus, in dem sich seine Wohnung befand, geöffnet wurde, und ging zügig auf den Mann zu. Er ließ mich eintreten und zeigte mir sogar Levins Wohnung, sodass ich nicht an jedem Wohnungsschildchen nach dem Namen schauen musste. In Gedanken dachte ich über das nach, was ich sagen könnte. Hmm, am besten einfach die Wahrheit oder? Ehrlich, das konnte nicht schaden. Ich würde einfach sagen, dass Cale mein Halbbruder war (okay... Musste ich das erwähnen?) und dass ich Levin vermisste. Verdammt, ich würde ihm einfach sagen dass ich ihn liebte und mir alles leid tat. So schwer konnte das ja nicht sein, oder? Der weitere Verlauf des Gesprächs war dann wohl  von Levin abhängig, hoffentlich würde sich alles noch zum Guten wenden. 
Ich ging fast in Zeitlupe die Treppen hoch, da ich mich immer noch nicht so recht traute Levin unter die Augen zu treten. Aber come on, schlimmer als es jetzt war konnte es eh nicht mehr werden. Also. Ich brachte die letzten Treppenstufen hinter mich, bevor ich vor seiner Wohnungstüre stand, wo ich noch einmal tief ein und aus atmete, bevor ich den Klingelknopf drücken wollte. Genau in dem Moment bemerkte ich allerdings, dass die Türe nur angelehnt war, und noch bevor mein Finger den Knopf berüherte, hielt er inne. Wär das jetzt stalking wenn ich einfach rein gehen würde? Einen Moment Rang ich mit mir selbst, aber was sollte ich schon vorfinden? Also öffnete ich leicht die Türe und schlüpfte herein. "Levin?", fragte ich leicht unsicher und ging ein paar Schritte. Als ich  um die Ecke und somit ins Wohnzimmer ging, blieb mein Herz bei dem Anblick, der sich mir bot, fast stehen. Die Tasche, die ich bisher in der Hand gehalten hatte berüherte in dem Moment den Boden, in dem ich schrie. Innerhalb weniger Sekunden war ich an der Couch angekommen, auf der Levin und Blondie lagen, der Filn lief im Hintergrund. Wollte Levin mich eigentlich verarschen oder wie? Machte er es bei jedem Mädchen so oder wie? "What the hell are you doing?", fragte ich Levin fassungslos und meine Tränen nahmen mir für einen Augenblick die Sicht. Ich löste Blondies Hände von Levins Nacken "Don't touch him, he's Mine!", schrie ich unter Tränen, bevor ich auch versuchte Levin von Charlie herunter zu ziehen. War natürlich zwecklos aber egal. Immer mehr Tränen rollten meine Wangen herunter, ich wollte nicht wissen wie verlaufen die Wimperntusche schon war. "I came her to Tell you, that I Love you, and what do you do?" Mein Verdacht, dass Levin nichts für mich übrig hatte und was mit Blondie am laufen hatte war somit bestätigt. Super.