X | CHARLIE & LEVIN | LEVIN'S HOME | 9PM

Offenbar bin ich verflucht, denn gerade als es beginnt schön zu werden, stürmt Joyce laut schreiend das Zimmer. Haben wir die Tür nicht zu gemacht? Wir hätten sie doppelt und dreifach verriegeln sollen! Und vermutlich hätte Joyce trotzdem eine Weg gefunden, mir das kaputt zu machen. Den schien sie immer zu finden.
Seufzend ziehe ich die Hände aus Levin's Nacken, der im nächsten Moment aufspringt und die Brünette genauso wütend zurück anschreit wie sie ihn zuvor. „What the hell“, flüstere ich leise und greife nach dem nassen Shirt, das neben dem Sofa auf dem Boden liegt. Schweigend ziehe ich es mir über den Kopf.
Joyce' Worte, dass Levin ihr gehört, schockieren mich fast mehr als die Tatsache, dass sie schreiend und heulend vor uns steht. Ich kenne ihre Story nicht, aber ich habe gesehen, dass sie an der Party ebenfalls jemanden hatte und demnach finde ich ihr Verhalten aktuell einfach lächerlich.
Levin wirft mir eine erschrockenen Blick zu. Ich seufze, zucke mit den Schultern und stehe ebenfalls auf. „I'll better leave you two alone“, murmele ich, bin mir aber nicht sicher, ob es überhaupt jemand wahrnimmt. "Sorry", füge ich höflichkeitshalber noch hinterher, obwohl es mir wirklich nicht Leid tut. Ich habe nichts Verbotenes getan.
Als ich in meine Manolos schlüpfe und die offen stehende Tür verlasse, wechselt meine Laune von schockiert zu genervt und ich beschließe sofort Bo anzurufen, um meinem Ärger Luft zu machen.

Levin fragte mich ernsthaft wonach das aussah. Dachte er ich sei blind oder was? "It Looks like you didn't feel anything, when we kissed.", sagte ich dann schließlich mit erstickter Stimme und - oh mein Gott - er stellte sich hin. Mir war es relativ egal, dass er wütend war, Hauptsache er stand hier neben mir.  "Was the door open?"  Nein, ich bin ein Geist und geh durch Wände. In einer anderen Situation hätte ich jetzt wahrscheinlich gelacht. "Don't distract. I tried to live without you, but nothings changed, no one can take your place." Was Blondi in dem Moment machte war mir eigentlich ziemlich egal, es interessierte mich kein wenig. Sie sollte einfach gehen und sich von mir entfernt halten, besser für sie.  "Why? why now? Why not weeks ago, when you got rid of Jace?!"  Ich wünschte ich hätte es vorher gesagt, dann hätte ich mir echt die ganze Scheiße ersparen können. Meine Tränen liefen ununterbrochen weiter, als ich die Worte zusammen suchte. "I was scared for you. Because of Jace. He said so terrible things this day." Levin wusste welchen Tag ich meinte. Immerhin war das auch der letzte gewesen, an dem ich mit Jace ein Gespräch geführt hatte. "I was so afraid that he would do something to you." Keine Ahnung was Levin von mir denken würde, eigentlich war es mir inzwischen egal. "And when we met at the Party, I thought you hate me." Dachte ich ehrlich gesagt immer noch. "And I still have this Impression." Immerhin hatte es sich ja nichts geändert für ihn. Okay, bei mir auch nicht. Ich liebte ihn immer noch, true. Blondie schien gehen zu wollen, denn sie stand auf und war bald aus meinem Blickfeld verschwunden.  Eigentlich müsste sie mir Leid tun, ich an ihrer Stelle würde mich ziemlich beschissen fühlen. Aber im Ernst, mit dieser Person würde ich niemals Mitleid haben, nicht in diesem Leben jedenfalls. "Seth told me you're in a relationship again, I'm fine with that, but keep me the hell out of it!" Ich schluckte, eigentlich war es klar gewesen, dass Levin das wusste. Seth würde ihm sowas nicht vor enthalten. "Cale is my brother." Wow, wenn das jetzt nicht mal total glaub würdig klang.  Ich meine, im Ernst. Wenn ich Levin wär würde ich mir nicht ein Wort glauben. "Well, half-broder." Änderte ja auch so viel an der Sache.
"We both should move on. You already did and I'm working on it."  Nein verdammt. "No Levin, please. I always loved you. I never moved on. I tried it, but I can't."

"It looks like you didn't feel anything, when we kissed." Ich verkneife es mir , die Augen zu verdrehen, dafür hebe ich die linke Augenbraue. Ich kann es immernoch nicht glauben, dass ich derjenige sein soll, der schuld an der jetzigen Situation ist, weil.. das ganz einfach nicht stimmt. Ich habe sie immerhin nicht wochenlang ignoriert und bin dann auch noch mit meiner neuen Flamme auf einer Party aufgekreuzt, sowas ist asozial, und das bin ich nicht. Deshalb lässt mein Verständnis für Joyce' Verhalten auch echt zu wünschen übrig. Ich sehe, dass Charlie aufsteht und zur Tür geht, wobei ich sie entschuldigend ansehe, ehe sie auch schon verschwunden ist. Ich seufze und trotzdem ist mein Kiefer angespannt, als ich mich wieder an Joyce wende. "I was so afraid that he would do something to you." Okay, jetzt geht es nicht mehr anders, ich rolle mit den Augen. "Oh stop it, I can take care of myself", erwidere ich und merke gar nicht, wie laut meine Stimme plötzlich geworden ist. "And when we met at the Party, I thought you hated me and I still have this impression." Ich runzele die Stirn und schüttele verständnislos den Kopf. "You're kidding me, right? You knew I liked you, you just didn't care when you had the chance." Mein Blick brennt sich in ihren. "Cale is my brother. Well, half-brother." Wieder seufze ich, trete einen Schritt zurück und fahre mir mit der Hand übers Gesicht. Sie macht mich fertig. "No Levin, please. I always loved you. I never moved on. I tried to, but I can't." Sie lässt mich nicht kalt, ganz und gar nicht. Ich hab nur keinen Bock, nochmal so enttäuscht zu werden, weil ich das einfach nicht verdient habe. "Stop crying", sage ich, mit unveränderter Miene, und rühre mich nicht. Ich will nicht, dass sie weint, aber genauso wenig habe ich vor, nachzugeben. Ich sehe es einfach nicht ein. "This discussion is pointless, Joyce." Ich drehe mich um und hebe mein Shirt auf, um es mir wieder überzuziehen. "It's over. And I want you to go - now." Ich stehe etwa einen Meter entfernt von ihr und versuche, ihre Tränen zu ignorieren, was alles andere als einfach ist. Ich steh ja selbst kurz vor nem Nervenzusammenbruch. "Please", füge ich leiser hinzu und hoffe inständig, dass sie sich jetzt endlich umdreht und die Wohnung verlässt. Ich halt das nicht mehr aus, echt nicht.

Die Worte strömen aus mir heraus wie meine Tränen. Als er mit den  Augen rollt und mir lautstark klar macht, dass er für sich selbst sorgen kann, zucke ich zusammen. Ich hab es für ihn getan und nicht für mich, warum versteht er das einfach nicht? Klar weiß ich, dass er auf sich selbst aufpassen kann, aber trotzdem Sorge ich mich um ihn, ist das nicht irgendwie logisch? Heißt eigentlich nur dass ich ihn wirklich mag, aber so kann er das natürlich nicht auffassen. "I know.", sage ich leise. Er würde es nie verstehen. Nicht jetzt und auch nicht in 100 Jahren. Es war so dumm von mir gewesen hier her zu kommen, mit einem kleinen Funken Hoffnung, dass er mich nicht hasste. Alles war ein Fehler gewesen. "You're kidding me, right? You knew I liked you, you just didn't care when you had the chance." Eigentlich hatte ich es nicht gewusst, jedenfalls nicht so bewusst. "No, I'm not kidding." In der Situation brauchte man aber echt nerven um Witze zu reißen und auch noch drüber zu lachen. "I was not sure if you liked me. I was just..." Ich war mir selbst nicht sicher gewesen was ich wirklich wollte, ich war so im Unklaren gewesen. "...so stupid.", beendete ich den Satz. Meine Stimme war leise, während meine Tränen weiter meine Augen verließen und sich ihren Weg über meine Wangen suchten. Ah super, ich sollte auf hören zu weinen, haha witzig. Nicht. Ich wollte immerhin auch nicht wie ein heulendes Baby hier stehen, was dagegen machen konnte ich leider auch nicht. Das einzige was ich machen konnte, war mit dem Handrücken zu versuchen die Tränen weg zu wischen, aber da immer wieder neue kamen, war das ziemlich zwecklos. Als er sagte ich sollte gehen nickte ich. "Okay." Ich drehte mich um und ging in Richtung Flur, auf der Hälfte des Weges drehte ich mich noch einmal um. "Levin I just want you to know that..." Ich wischte mir noch einmal über meine Wangen. "I love you." Dann ließ ich meinen Blick noch einmal über den Jungen, den ich liebte, gleiten, drehte mich um und ging.

Mir fällt nichts mehr ein, was ich ihr noch sagen kann, oder will. Zum zweiten Mal hat sie es geschafft, Charlie zu verscheuchen, also will die jetzt mit Sicherheit nichts mehr von mir wissen. Wenn es das ist, was Joyce wollte, dann hat sie das erreicht. Glückwunsch, ich hoffe es gibt jemanden, der stolz auf sie ist, denn ich bin es nicht. "I wasn't sure if you liked me. I was just...so stupid." - "Well, then you had absolutely no reason to scare Charlie away", stelle ich noch immer wütend fest und gehe mir verzweifelt durchs dunkle Haar. Gott ey, ich dreh durch. "I was just trying to move on, because yes, I liked you a lot and you were ignoring me the whole time, so what? Don't you think everybody has a right to be happy, not only you?" Haha scheiße, jetzt bin ich auch kurz vorm Heulen, alter. Sie ist mir so wichtig, und genau dagegen versuche ich anzukämpfen. Ich will nicht so jemand sein, der immer wieder neue Chancen vergibt und im Endeffekt dann wieder alleine dasteht. "Okay." Sie dreht sich langsam um und läuft zur Tür, allerdings nicht ohne sich noch einmal umzudrehen. "I just want you to know that I love you." Regungslos stehe ich in meiner Wohnung, während Joyce diese schließlich verlässt. Sekunden nachdem sie verschwunden ist, löst sich eine Träne aus meinem rechten Augenwinkel und ich wische sie hektisch weg.    "Fuck", fluche ich leise und falle zurück auf die Couch. Scheiß verdammtes Leben.

ENDE